Die Windenergieanlagen der ersten Generation sind in die Jahre gekommen. Werden sie durch moderne Turbinen ersetzt, bietet das viele Vorteile. Eine Faustzahl der Windbranche besagt, dass mit der Hälfte der Anlagen die Leistung verdoppelt und der Ertrag verdreifacht werden kann.
Vor allem die Anwohner dürften sich eigentlich freuen, ist doch die reduzierte Anlagenzahl auf den ersten Blick zu erkennen. Die neuen Anlagen arbeiten auch mit vergleichsweise geringen Drehzahlen. Heute sind es nur noch zehn bis 20 Umdrehungen in der Minute, wo in den 90er Jahren noch 40 bis 60 Umdrehungen üblich waren. Das ist nicht nur optisch angenehmer, sondern die neuen Anlagen sind auch leiser. Freie Bahn für Repowering-Projekte also? Mitnichten! Denn viele Projekte scheitern bereits an den planerischen und genehmigungsrechtlichen Rahmenbedingungen. So steht so manches Windrad außerhalb der später eingerichteten Vorranggebiete für Windenergie. Neue Windenergieanlagen dürfen aber nur auf dafür ausgewiesenen Flächen errichtet werden. Wird nun eine einzelne alte Anlage außerhalb einer Windvorrangfläche abgebaut, hat der Betreiber keinen Anspruch darauf, dass eine neue Windvorrangfläche im Flächennutzungsplan ausgewiesen wird.
Ihren höchsten Ertrag erreichen die neuen Windkraftanlagen nur dann, wenn sie auf hohen Türmen stehen. Über 100 m weht der Wind konstanter. Der Bau dieser rentablen Großanlagen der Multi-Megawatt-Klasse wird durch die Höhenbegrenzungen der Länder und Gemeinden oftmals jedoch verhindert. Bereits jetzt werden Abstände von 1 000 m und mehr zur nächsten Wohnbebauung verlangt. Zum Schutz der Anwohner ist beim Bau von Windenergieanlagen eine immissionschutzrechtliche Genehmigung einzuholen. Daraus ergibt sich, dass die Abstände zwischen einem Windpark und der nächst gelegenen Wohnbebauung ausreichend groß sein müssen, um die Schallschutzgrenzen, wie sie der Gesetzgeber in der TA Luft festgelegt hat, sicher einhalten zu können. Obwohl durch technische Optimierungen auch die optische Wirkung neuer Windparks geringer ausfällt, werden in Sachsen und Bayern bereits neue Schritte. Die bayerische Staatsregierung hat bereits mit ihrer umstrittenen „10H“-Regelung einen Vorschlag hierzu vorgelegt. Demnach müsste der Abstand einer Windenergieanlage zu den Wohnhäusern das Zehnfache der höhe betragen. Mit großen Rotordurchmessern von 200 m, wie sie für das Binnenland benötigt werden, wären das bis zu 2 000 m Mindestabstand. In dicht besiedelten Gebieten wäre damit das „Aus“ für Windenergie und Repoweringprojekte eingeläutet, fürchtet der Bundesverband Windenergie (BWE). Aber auch in Flächenländern gibt es eine Einwohnerdichte, die Abstände von 2 000 m voraussetzt. Hinzu kommt, dass in den vergangenen Jahren auch Abstandsregelungen aus Naturschutzgründen eingeführt wurden, auch wenn es in dieser Hinsicht gar keine Beeinträchtigungen gab. Als Störend von den Anwohnern wird dagegen immer wieder die optischen Wirkungen der Windenergieanlagen angeführt. Werden beim Repowering kleinere Anlagen durch größere mit mehr als 100 m Höher ersetzt, müssen diese als Hindernisse für den Flugverkehr gekennzeichnet werden. Die vorgeschriebene Anlagenbeleuchtung kann jedoch zum Boden hin abgeschirmt werden. Abhilfe können auch moderne Radarsysteme schaffen, die erst bei der Annäherung eines Flugzeugs das rote Leuchtfeuer einschalten.
Bislang gibt es keine genauen Angaben darüber, wie viel nun eigentlich „repowert“ wurde. Mit dem neuen EEG, das seit 1. August 2014 gilt, könnte sich das nun ändern: In einem zentralen Register werden nun alle Windenergieanlagen erfasst. Wenn dort auch die „repowerten“ Anlagen sowie die abgebauten Altanlagen erfasst würden, gäbe es erstmals genaue Daten. Nach Angaben des BWE betrug der Repowering-Anteil im ersten Halbjahr 2014 mindestens 15 Prozent des Brutto-Zubaus. Und das waren Turbinen mit einer Leistung von 1 723 Megawatt. Der Zubau von 66 Prozent über dem Vergleichszeitraum des Vorjahres ist auch darauf zurückzuführen, dass eben mehr Flächen für Windenergie ausgewiesen und mehr Genehmigungen erteilt wurden. Eine Chance des Repowering besteht eben auch darin, beim Neubau der Anlagen planvoller vorzugehen, als das in der Vergangenheit geschehen ist. So könnten auch Konflikte mit dem Naturschutz an den alten Anlagen-Standorten aufgelöst werden.
THOMAS GAUL
Erschienen in Bauern-Zeitung / 2014