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  • THOMAS GAUL | FACHJOURNALIST FÜR BIOENERGIE | AGRARWIRTSCHAFT
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Biogasanlagen-Hersteller setzen auf Export

Großes Potenzial in Europa und Übersee / Heimischer Markt in der Krise

Die deutschen Hersteller von Biogasanlagen erschließen neue Märkte im Ausland. Damit suchen sie einen Weg aus der Krise, in die sie durch die Energiepolitik in Deutschland geraten sind. Das novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist zwar erst seit Anfang August in Kraft, doch bereits zuvor ist der heimische Markt für die Anbieter von Biogas-Technologie eingebrochen. Nur 335 Biogasanlagen mit einer Leistung von zusammen 191 Megawatt (MW) sind im vergangenen Jahr neu ans Netz gegangen. Und für dieses Jahr erwarten die für eine Prognose konsultierten Experten vom Fachverband Biogas e.V. gerade einmal Neuanlagen mit einer Leistung von 37 MW. Werden Maßnahmen zur flexiblen Stromeinspeisung und Umbaumaßnehmen hinzugerechnet, kommen Branchenexperten auf eine zusätzliche installierte Leistung von 90 MW.

„Die Politik schneidet in Deutschland den Firmen die Luft ab“, kritisiert Dr. Götz Baumgarten, Director Sepuran Fibres & Membranes der Evonik Industries AG. Als Zulieferer stellt sein Unternehmen spezielle Membranen her, die bei der Aufbereitung von Biogas für die Einspeisung in das Erdgasnetz eingesetzt werden. Für Umsatz bei den Anbietern von Biogas-Technologie sollen nun Märkte im Ausland sorgen. Die Exportquote der Branche wird für dieses Jahr auf 68 Prozent prognostiziert. Zu den fortgeschrittenen Märkten in Europa zählen einer Marktanalyse der Deutschen Energie-Agentur (dena) vom Frühjahr 2014 Belgien, Großbritannien, die Niederlande und Polen. Dynamisch entwickelt sich Frankreich, wo nach Plänen der Regierung bis 2020 rund 500 neue Biogasanlagen mit einem Investitionsvolumen von 800 Mio. Euro gebaut werden sollen. Auch von jüngsten politischen Ereignissen könnte Biogas profitieren: Denn die Ukraine könnte nach Berechnungen des Deutschen Biomasse-Forschungszentrums (DBFZ) nahezu ihren gesamten Erdgasimport aus Russland im Umfang von 26 Mrd. Kubikmetern durch Biogas ersetzen, ohne die landwirtschaftliche Nahrungsmittelproduktion einzuschränken. Ähnliches gilt für andere Länder Osteuropas mit großen Agrarflächen und bisher noch ungenutzten Potenzialen an Rest- und Abfallstoffen.

Gerade die Probleme bei der Beseitigung von Abfällen beflügeln die Nachfrage nach deutscher Biogas-Technologie. Marktchancen ergeben sich nach Ansicht der Exportinitiative Erneuerbare Energien des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in Südeuropa und in Übersee. China verfolgt ambitionierte Ziele für den Ausbau und die Nutzung von Biogas: Bis Ende 2015 soll es rund 10 Millionen Nutzer von Biogas im Haushalt sowie 70 000 kleine und 8 000 mittlere und große Biogasprojekte geben. Im Herbst findet in China daher eine Bioenergie-Messe unter großer Beteiligung deutscher Firmen statt. „Der chinesische Markt bietet viel Potenzial und wir sehen gute Chancen für unsere Gasaufbereitung“, kommentiert Roel Slotman, Vertriebsvorstand beim Anlagenhersteller EnviTec im niedersächsischen Lohne, das Engagement im Reich der Mitte.

In Südostasien werden die Abwässer aus der Palmölproduktion bislang noch nicht zur Energiegewinnung genutzt. Erste Palmölmühlen haben nun in Biogasanlagen investiert, um die energiereichen Abwässer zu vergären. „Auf einer Palmölmühle gibt es rund 50 Trucks, die immer wieder zur Firmentankstelle zurückkehren“, berichtet Götz Baumgarten. Die LKW verbrennen in ihren Motoren künftig Biogas. Das Potenzial zur Nutzung alleine von Abwässern und Abfällen aus der Palmölproduktion ist nach Einschätzung von Baumgarten groß, gibt es doch in Südostasien mindestens 2 000 Ölmühlen.

Der Bedarf an umweltfreundlich erzeugter Energie wird gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern zunehmen, erwartet Clemens Findeisen, Referent für wirtschaftliche Zusammenarbeit beim Fachverband Biogas. Viele Millionen Menschen leiden dort an „Energiearmut“, ihnen fehlt der Zugang zu Energie zum Kochen und Heizen und zu Strom für das Betreiben von Kommunikationstechnik. Dezentrale Haushaltslösungen genießen daher Priorität in der Entwicklungszusammenarbeit in Sachen Biogas. Pionierinvestitionen in diesem Bereich können über die Förderprogramme der KfW-Bankengruppe finanziell unterstützt werden. Gefördert werden Biogasanlagen für Verarbeitungsunternehmen landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Voraussetzung ist jedoch, dass organische Reststoffe und Abwässer als Substrat eingesetzt werden und keine speziell angebauten Energiepflanzen. Unterstützung beim Markteintritt erhalten die deutschen Anlagenhersteller durch Entwicklungspartnerschaften wie dem vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung initiierten „Developpp“-Programm. Im Rahmen dieses Programmes wurden aus der Biogasbranche 30 Projekte durchgeführt oder sind in der Umsetzungsphase. In Hale, Tansania beispielsweise wurde eine bestehende Biogasanlage für Reststoffe aus der Sisalagaven-Produktion um eine Pilotbiogasanlage erweitert und mit einem Trainings- und Schulungszentrum ergänzt. Damit soll durch Wissenstransfer die Biogastechnologie in Afrika verbreitet werden, um so für weitere Projekte zu motivieren. Ohnehin ist es in weiter entfernten Ländern schwierig, schlüsselfertige Anlagen zu installieren. Die deutschen Hersteller beschränken sich da eher auf die Funktion eines Supervisors und die Lieferung von Spezialkomponenten.

THOMAS GAUL

Erschienen in VDI-Nachrichten / 2014